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War das die Ruhe vor dem Sturm ?

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Wie schnell sich die Dinge ändern können. Eben noch Ruhe auf breiter Front, dann doch aber wieder Rückkehr in die alten Stellungen. Die aktuelle Lage überspielt bedauerlicherweise die jüngsten erfolgreichen Veranstaltungen der deutschen Wirtschaft in Thailand, die vor allem auch auf thailändischer Seite positiv aufgenommen wurden. Die Feierlichkeiten Anfang November aus Anlaß der 150-jährigen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Thailand, die unter dem Strich moderat erfolgreiche GTS 2008 in Bangkok, die vielen Gespräche mit den Einen und den Anderen vor Ort und natürlich die vom neuen Geschäftsführer der AHK Bangkok, Stefan Bürkle, in Zusammenarbeit mit InWEent, der deutschen Botschaft in Bangkok unter Leitung des neuen, dynamischen Botschafters Dr. Hanns Schumacher und dem Sekretariat der ASEAN organisierte Veranstaltung „ASEAN – Envision Market 2015 – A Gateway for the German Business Community?“ mit seinem („thailändischen“) Generalsekretär Dr. Surin Pitsuwan als Keynote-Speaker waren zusammengenommen ein Meilenstein der beiderseitigen Beziehungen und highlight der GTS 2008.

Uwe Solinger, Eröffnungssprecher der Veranstaltung hob die Bedeutung der regionalen Kooperation ASEAN für die Stabilität in der Region und die Chancen gerade für Deutschland heraus. Stefan Bürkle unterstrich die Initiativen der Kammer, die Chancen der weiteren Integration und der Senkung der Handelsbarrieren zu nutzen und Dr. Surin unterstrich die Bemühungen der Mitgliedsländer, die europäischen Erfahrungen bei der Dynamisierung des Wirtschaftsraums aber auch der politischen Zusammenarbeit zu nutzen. John Quarmy, Chairman of Schenker Thailand meisterte die undankbare Aufgabe des „deutschen Keynotespeakers“ nach Dr. Surin beeindruckend und beleuchtete – nicht nur aus der Sicht der international tätigen Logistiker – die Herausforderungen für die Beteiligten bei der Schaffung eines Freihandelsraumes in Asien. Schenker und die Deutsche Bahn greifen aktiv in das Geschehen in der Region ein und sichern die Grundlagen für die deutsche Exportwirtschaft.

GTS 2008, Lifestyle & Travel
Obwohl sich die Wahl des Bangkok Convention Centres at Centralworld als zentraler Veranstaltungsort seitens der AHK Bangkok für den einen oder anderen Teilnehmer der GTS trotz zentraler Lage und guter Verkehrsanbindung eher als gewöhnungsbedürftig herausstellte, die Besucherzahlen mit 5076 registrierten Besuchern unter den Erwartungen blieben, lagen die Einschätzungen der Teilnehmer, Referenten und Aussteller der GTS 2008 unter dem Strich im moderat positiven Bereich. Neben den Flaggschiffen der deutschen Industrie wie Siemens, Mercedes-Benz, Volkswagen, und Thyssen Krupp präsentierten sich der Mittelständler wie Staedtler Thailand, Ministerien oder einzelne Industrieverbände. Besonderes Augenmerk verschaffte sich die von Prof. Jansen von der RWTH Aachen betreute „TGGS Sirindhorn International Thai-German Graduate School of Enginieering“ die für die Chancen im Bereich der Wissenschaftsausbildung steht und den Erfolg der bilateralen Zusammenarbeit.

Angesichts der innenpolitischen Unsicherheiten, der globalen Herausforderungen seit dem September dieses Jahres und angesichts der hohen Wettbewerbssituation in Asien konnten die Veranstalter der GTS 2008 die Lage hauptseitig gut und überzeugend nutzen. 204 Teilnehmerunternehmen präsentierten nicht nur die deutsche Technik und die Spitzen der deutschen Unternehmen, sondern auf den neuen Messen „German Lifestyle & Travel“ auch deutsche Lebensart, Gemütlichkeit und was noch viel wichtiger ist: „Ein Reiseland, dessen Besuch sich lohnt“.

Neben dem stark auftretenden Hofbräuhaus in München, der Nymphenburger Porzellanmanufaktur sorgten die Winzer aus Baden-Württemberg und die Vertreter verschiedener Tourismusämter wie dem Bodenseekreis, Berlin, Düsseldorf, München dafür, das Reiseland Deutschland in Asien bekannter zu machen. Der Süden Deutschlands hat sich im Ergebnis deutlich nach vorne abgesetzt, obwohl u.a. auch Berlin/Brandenburg, vertreten durch den Leiter des Referats Außenwirtschaft im Brandenburgischen Wirtschaftsministerium Prof. Dr. Andreas Timmermann und die Vertreter der IHK-Ostbrandenburg und Düsseldorf mit eindrucksvollen Präsentationen präsent waren. „Berlin“ war, wie fast immer, selbst nicht dabei. Für viele Teilnehmer war es der erste Marketingauftritt vor Ort in Asien und damit der erste Schritt in die richtige Richtung. Die Märkte der Zukunft liegen dort.

Die thailändische Regierung hat die GTS 2008 erstmals direkt unterstützt und in Zusammenarbeit zwischen der AHK Bangkok und dem Ministry of Commerce die für die thailändische Wirtschaft wichtigen Veranstaltung beworben. Großes Interesse bestand dabei nicht allein bei der Klärung interkultureller Fragestellungen, die durch den früheren Geschäftsführer der AHK Dr. Paul Strunk in einer Veranstaltung unter dem Thema „How to handle cross-cultural differences in a German/Thai business context?“ beantwortet wurden, sondern auch in Bezug auf den gewerblichen Rechtsschutz („Vidon & Partner“) und die Markterschließung durch thailändische Unternehmen in Deutschland. Das Seminar „Investment in Germany“ fand große Aufmerksamkeit. Thailands Unternehmen schicken sich an, Auslandsinvestitionen und Firmengründungen in Europa vorzubereiten und Deutschland ist hierbei die erste Wahl, wären da nicht die zunehmenden Marktzugangsbeschränkungen, die im Ergebnis dazu führen, dass sich die thailändische Wirtschaft bisher eher den Märkten zuwendet, die gegenüber Auslandsinvestitionen vorteilhafter und zugänglicher sind.



Gala Dinner 150 Jahre Wirtschaftsbeziehungen
Vor 300 geladenen Gästen fand im Rahmen der GTS am 10. November 2008 im Ballroom des Bangkok Convention Centres die offizielle Festveranstaltung zum 150jährigen Bestehen der deutsch-thailändischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen statt. Botschafter Schumacher, der Präsident der Deutsch-Thailändischen Handelskammer Pracha Chivapornthip, das Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank Jürgen Fitschen, der Thailand-Sprecher des Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft Dr. Klaus Wucherer und schließlich der amtierende Außenminister Thailands H.E. Sompong Amornvivat waren die Sprecher des Gala-Dinners, das sowohl von deutscher als auch thailändischer Seite hochkarätig besetzt war. Die große Resonanz auf thailändischer Seite, die an diesem Abend auch die Kontrahenten der aktuellen politischen Auseinandersetzung in einen Saal brachte, unterstrich die gute Basis der Beziehungen und das nachhaltige Interesse an ihrer Weiterentwicklung. Der Präsident der deutsch-thailändischen Handelskammer in Bangkok und zugleich Vorsitzender des Boards von BASF Thailand, Pracha Chivapornthip, unterstrich die wachsende Bedeutung deutscher Direktinvestitionen in Thailand für den gestiegenen Import aus Deutschland und den dadurch gesicherten technologischen Fortschritt. Exporte und Importe im beiderseitigen Warenverkehr nahmen 2007 immerhin 10 bzw. 17% zu.

Symposien & Fachveranstaltungen
An die 69 Seminare, Fachvorträge und Podiumsdiskussion fanden im Rahmen der GTS 2008 statt. Erstmals widmete sich die AHK Bangkok neben modernen Technologien dem Thema „Kultur“ und „Dienstleistungen“ im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit breiten Raum. Erfolgreich und im Ergebnis vielleicht bereits der Hinweis darauf, die Themenpalette in der Zukunft noch breiter zu entwickeln.

Thailand intern
Thailands amtierender Außenminister Sompong, anlässlich seines letzten Besuchs in Berlin zum Wirtschaftstag des Thailand Forums im Rahmen der Asien-Pazifik-Wochen 2005 noch Thailands Trade Representative to the Prime Ministers Office, bestätigte nicht nur seine gute Erinnerung an seinen letzten Empfang in der Bundeshauptstadt, sondern auch das Interesse der amtierenden Regierung, die Bindungen seines Landes gerade zum Wirtschaftspartner Deutschland weiter auszubauen. Die weitere Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur sind hierbei ebenso Thema wie der Ausbau der Handelsbeziehungen. Thailands frühere Botschafter in Deutschland Kasit Piromya und der erst kürzlich nach Bangkok zurückgekehrte Botschafter Sorayouth Prompoj, nunmehr scheinbar Sonderbeauftragter des Kronzprinzen, wohnten der Veranstaltung ebenso bei wie weitere Spitzenvertreter der thailändischen Politik, Kultur und Gesellschaft. Aus den Kreisen der eher regierungskritischen Teilnehmer war zu verlauten, dass auch eine andere Regierung den freundlichen Kurs gegenüber den Partnern aus Europa nicht ändern werde. Überhaupt: „Es geht nicht um das ob. Es geht darum wie die Dinge zukünftig geregelt werden. Die Sicherung transparenter Entscheidungen hat zentrale Bedeutung. Allein das Thema „Geschäftsethik“ hat eine neue Belebung erfahren. Die Vermengung von Regierungsamt und privaten wirtschaftlichen Interessen bedarf der Revision. Auch die Opposition wird erkennen müssen, dass ihre Forderung, selbst passive Beteiligungen an Wirtschaftsunternehmen als unvereinbar mit dem politischen Amt ächten zu müssen“, nicht vertretbar und unpraktikabel ist.

Ausblick & forecast
Die Lage in Thailand wird sich wieder beruhigen und darf nicht überdramatisiert werden. Spätestens für das erste Quartal 2009 werden Neuwahlen oder aber eine Regierung der nationalen Versöhnung erwartet. Eine handlungsfähige Regierung wird vor allem auch aus den Gründen der globalen Sachzwänge erforderlich. Das Militär wird sich nach den Erfahrungen des Coups solange wie möglich weiter zurückhalten und nach Lage der Dinge allein nur dann „befriedend einmischen“, wenn die Auseinandersetzungen durch gewalttätige Zusammenstöße aus dem Ruder zu driften drohen. Die darüber hinaus immer wieder auch außerhalb Thailands als Problem diskutierte „Frage Nr. 1“ erweist sich derzeit als nicht wirklich wichtig. Es zeichnet sich nach einigermaßen gut unterrichteten Kreisen eine moderate Interimslösung ab, die nicht unmittelbar zu einer Entscheidung über „die“ Neubesetzung zwingt. Deutschland kann darauf vertrauen, weiterhin bevorzugter Partner bei der Entwicklung der Wirtschaft aber auch der kulturellen und gesellschaftlichen Beziehungen zu sein. Der lange ausstehende Besuch einer thailändischen Wirtschaftsdelegation zur Fortsetzung des Wirtschaftsdialogs in der Deutsch-Thailändischen Gemischten Wirtschaftskommission unter der Leitung zumindest eines Stellvertretenden Premier Ministers wird kommen. Ob dies bereits 2009 der Fall ist, wird angesichts der anstehenden Bundestagswahlen dann wieder in Deutschland zu entscheiden sein.