Start News Riskante Mauscheleien um die Flugrouten

Riskante Mauscheleien um die Flugrouten

69

Zwei Milliarden Euro sind bereits für den neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld verbuddelt worden, ist im Leitartikel der Berliner Morgenpost zu lesen. Doch auch eineinhalb Jahre vor dem geplanten Take-off von den neuen Betonpisten wird weiter über die Sinnhaftigkeit von Berlins künftiger „Jobmaschine“ gestritten. In der seit Wochen tobenden und wohl letzten Schlacht geht es um die künftigen Flugrouten und damit um die Ruhestörung im Süden Berlins und dem angrenzenden Brandenburg. Sie könnte für die gesamte Hauptstadtregion dramatisch – weil zulasten der Flughafenbetreiber – enden, seit dieser Tage ein Schreiben von nicht zu unterschätzender Brisanz in die Öffentlichkeit lanciert wurde. In ihm bat 1998 der damalige Flughafen-Chef das Bundesverkehrsministerium um Hilfe. Es solle doch bitte Einfluss auf die ihm unterstellte Deutsche Flugsicherung (DFS) nehmen, um durch eine veränderte Stellungnahme zu den künftigen Flugrouten den Planfeststellungsantrag für BBI nicht zu gefährden. Aus dem Brief wird deutlich, dass das von den heute Verantwortlichen so lange bestrittene Wissen um die Problematik paralleler Flugbewegungen seit 1998 bekannt ist. Schon damals teilte die DFS in einer Stellungnahme mit, dass nicht parallel geflogen werden dürfe, sondern nur in einem Winkel von mindestens 15 Grad. Die Bitte des BBI-Chefs wurde wohl auf ministeriellen Druck hin erhört: Die DFS schickte prompt eine neue Stellungnahme, nach der die vorgesehene „Streckengeometrie“, also Parallelflüge, „grundsätzlich“ akzeptabel sei. Das ist ein ziemlich starkes Stück politischer Einflussnahme auf die unbequeme Botschaft einer untergeordneten Behörde. Selbst der Vorwurf von Mauschelei, gar Manipulation liegt nah. Ob das alles rechtlich relevant ist, wie es die Kläger und deren Anwälte jetzt hoffen, müssen die Richter in Leipzig entscheiden. Sollten sie zu diesem Ergebnis kommen, wäre das für Berlin und Brandenburg eine Katastrophe. Nicht nur die Eröffnung 2012 wäre gefährdet, sondern das ganze Projekt BBI. Und damit die wichtigste Investition für die wirtschaftliche Zukunft der Region. Die neue Lage ist also weit ernster, als die Geschäftsführung der Berliner Flughäfen offensichtlich glaubt. Zugleich werden sich Wut und Kampf der von den künftigen Flugrouten betroffenen Menschen steigern. Weil Senat und BBI-Planer sie getäuscht haben. Damit sind wir im Berliner Vorwahlkampf angekommen. Der Regierende Bürgermeister wird nach Vorlage dieses Briefes überzeugend erklären müssen, seit wann er wirklich darum weiß, dass die so lange verkündeten Parallelstarts gar nicht mehr erlaubt sind. Renate Künast andererseits scheint schon seit Tagen mehr gewusst zu haben, nachdem sie pauschal gefordert hatte und dafür viel kritisiert wird, dass der Senat alle Planungen für BBI offenlegen und über den Flughafen grundsätzlich nachgedacht werden müsse. Und jetzt wird auch verständlich, warum Verkehrsminister Peter Ramsauer vor ein paar Tagen den BBI-Verantwortlichen die unliebsame Empfehlung gab, darüber nachzudenken, „ob parallele Starts überhaupt notwendig sind“. Sollte BBI tatsächlich – in welcher Form auch immer – infrage gestellt werden, wäre das für Berlin ein wirtschaftlicher Rückschlag, von dem sich die Stadt schwerlich erholen würde.

Quelle: BERLINER MORGENPOST