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Massive Manipulationen bei tripadvisor.com?

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Geschäftsreisende nutzen Hotelbewertungsportale, um sich über das Haus ihrer Wahl im Vorfeld zu informieren. Eigentlich keine schlechte Vorgehensweise, wenn denn die Bewertungen tatsächlich die Erfahrung anderer Gäste wieder gibt. Das ist aber nicht immer der Fall. Bei Hotelbewertungen wird geschummelt, was das Zeug hält, wie der Branchendienst www.hotelier-tv.com berichtet.

Der Ärger mit Hotelbewertungsportalen wird immer größer: Gefälschte und manipulierte Hotelrezensionen auf führenden Bewertungsportalen sorgen für immer mehr Verduss unter den Hoteliers, vom Fünf-Sterne-Hotel in einer deutschen Großstadt bis zum Drei-Sterne-Ferienhotel auf einer Nordseeinsel. Und auch international gibt es Klagen. Nun forderte die britische Verbraucherschutzorganisation Kwikchex das amerikanische FBI zu offiziellen Ermittlungen gegen tripadvisor.com auf. In den vergangenen zwölf Monaten seien über 3.000 Fälle von offensichtlich manipulierten Bewertungen aufgekommen, heißt es bei Kwikchex. 20 von den rund 50 Millionen Bewertungen bei tripadvisor.com seien älter als ein Jahr und damit irrelevant für Verbraucher, so ein weiterer Vorwurf.

Die Vehemenz des (kommunikativen) Widerstandes gegen Hotel- und Reisebewertungsportal lässt auf mannigfaltige Gründe schließen. In einer Analyse des Recherchedienstes www.hotelpinnwand.de von Maximilian Blum Freiherr von Grevenstein kommen kuriose Tatsachen zu Tage: Da postete ein britischer User namens „Bellagio“ über 32.300 Bewertungen in den vergangenen sieben Jahren. Von Authentizität, also einer Bewertung je Hotelübernachtung oder Reiseerlebnis, könne da keine Rede mehr sein.

Die Liste der offensichtlichen Manipulationen lässt sich weiter fortsetzen: Zwei US-Nutzer haben bei tripadvisor.com in den vergangenen paar Jahren sage und schreibe über 56.000 Forenbeiträge verfasst. Ein niederländischer Internetsurfer schrieb seit 2005 mehr als 23.400 Forenbeiträge.

Software erkennt gefälschte Hotelbewertungen

Bei der großen Überzahl der unfairen oder schlichtweg gefälschten Bewertungen soll ein neu entwickeltes Programm der Cornell Universität helfen: Die Software erkenne 90 Prozent von manipulierten Einträgen, heißt es in einer Pressemitteilung. In einem Test mit 800 Rezensionen über Hotels in Chicago wurde ein Großteil der eingeschleusten Fälschungen erkennt, berichtete die für ihre Hotelmanagement-Ausbildung weltberühmte Lehreinrichtung. Die Software setzt dabei auf Sprachanalyse. Ehrliche Hotelbewertungen enthalten konkrete Begriffe, die zum Hotel gehören: z.B. „Badezimmer“, „Check in“ oder „Preis“. Bei Fälschungen würde Wörter wie „Urlaub“, „Geschäftsreise“ oder „mein Ehemann“ eher auftauchen. Grundsätzlich gelte: Fälscher nutzen mehr Verben, ehrliche Rezensenten mehr Nomen.

Dass es krude Fälle von Missbrauch der freien Meinungsäußerung gibt, zeigt dieser Fall: Ein Gast eines namhaften Luxus-Designhotels im Rheinland schrieb wochenlang höchste Lobpreisungen über seine Herberge bei holidaycheck.de. Dies änderte sich, als der junge Mann immer öfter mit seinen Annäherungsversuchen bei den jungen, hübschen Hotel-Mitarbeiterinnen abblitze. Die Damen mussten den persönlichen Kontakt zum Gast auf ein professionellen Mindestmaß senken, um nicht weiter belästigt zu werden, so ein Insiderbericht. Darauf soll der Mann alle positiven Hotelbewertungen bei holidaycheck.de gelöscht haben und stellte stattdessen eine – mit Rechtschreibfehler gesprickte – Hasstirade online. Gutes Zureden half da nicht mehr. Diese offensichtliche unfaire und sachlich kaum haltbare Bewertung bleibt indes online; Intervention bei holidaycheck.de seien gescheitert, wurde berichtet. Da blieb dem GM nur noch übrig, öffentlich dem Gast (namentlich der Redaktion bekannt) zu antworten – was für ein auf absolute Diskretion bedachtes Haus eigentlich unüblich ist.

Ideal ist es, nicht mehr gelistet zu sein

Hotel-Onlineanalyst Blum sieht dagegen erste Erfolge im Kampf gegen manipulierte Bewertungen. Bei einem Hotelkunden aus Bernkastel Kues konnte sein Redaktionsteam die „Unmengen von negativen, alten und persönlich gewordenen Bewertungen“ durch gezielte Hintergrundberichte entschärfen. Das Ergebnis: „Holidaycheck.de hat auf fast allen seiner Portale sowie bei Partnern alle alten, unfairen und negativen Bewertungen entfernt. Es gibt auch kein durchsichtiges Archiv mehr. Aber sie sind auch noch einen Schritt weiter gegangen. Sie haben das betreffende Hotel auch nicht mehr mit Bild in ihrer Datenbank“, so Blum.