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Letzte Chance für das Lufthansa-Management

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Um die Beantwortung der Frage, ob dieser Piloten-Streik rechtmäßig ist, hat sich die Frankfurter Arbeitsrichterin Silke Kohlschitter zwar gedrückt. Aber ihr ist es gestern Abend immerhin gelungen, die Kontrahenten aus ihren Schützengräben zu locken und an den Verhandlungstisch zurückzubringen – und das in gerade mal zwei Stunden.



Wichtig ist nun, dass beide Seiten tatsächlich vorbehaltlos über die künftige Ausgestaltung und Anwendung des Konzern-Tarifvertrages verhandeln, die dem kräftig gewachsenen Lufthansa-Konzern und dem sich deutlich verschärften Wettbewerb Rechnung tragen. Dass es der Vereinigung Cockpit (VC) damit ernst ist, kann man getrost annehmen. Denn während das Management mit der Aussetzung des gerade begonnen Streiks wertvolle Zeit gewinnt, geht die Piloten-Gewerkschaft ein hohes Risiko ein, wenn sie nun den Druck aus dem Kessel nimmt: Schließlich haben Gewerkschaftschef von Sturm und seine Kampfgefährten mit scharfen Tönen die Piloten auf die Barrikaden getrieben. Sollte ihre überraschende Sanftmut keine Fortschritte bringen oder vom Management gar zum eigenen Vorteil missbraucht werden, wäre der Unmut an der Basis groß. Dann müsste die VC mit umso härteren Bandagen wieder in den Kampf ziehen, heißt: Die Passagiere hätten längere Streiks zu befürchten.



Deshalb muss das Lufthansa-Management in den kommenden zwei Wochen alles daran setzen, einen fairen Kompromiss auf den Weg zu bringen. Und dabei sollte die Unternehmensführung nicht darauf schielen, dass notfalls doch das Arbeitsgericht diesen Tarifkonflikt zu ihren Gunsten entscheidet. Denn vor allem angesichts der jüngsten Rechtssprechung ist kaum damit zu rechnen, dass das Arbeitsgericht einen Piloten-Streik für unrechtmäßig erklären würde. Mit ihrem Vorschlag der Streik-Aussetzung hat die Richterin nicht nur im Sinne der Kunden, sondern auch im Sinne des Unternehmens gehandelt. Mehr Wohlwollen kann das Management aber nicht erwarten. Es ist seine letzte Chance, von größeren Streiks verschont zu bleiben.

Kommentar der „Frankfurter Neue Presse“