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Der Feind im eigenen Haus

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Jürgen W. genießt sein zweites Glas Champagner in der Business Class auf seinem Flug von Frankfurt nach Hongkong. Seine neue Lebensgefährtin neben ihm ist schon eingeschlafen. Er frägt sich wie die nächsten fünf Tage in der Asienmetropole wohl verlaufen werden. Schließlich hat er Ben Ying erst zweimal persönlich getroffen. Das erste Mal an der Hotelbar als er vor wenigen Wochen auf der Computermesse CeBit in Hannover war. Die Großzügigkeit des eloquenten Chinesen hat in von Beginn an begeistert. Natürlich ist die Luxusreise nicht ganz umsonst für ihn. Im Gepäck hat er ein kleines Geschenk für seinen chinesischen Freund – eine Daten CD. Jürgen W. ist Netzwerk Spezialist eines mittelständischen schwäbischen Maschinenbauers. Sein schlechtes Gewissen über den Kurztrip hält sich jedoch in Grenzen, schließlich macht er seit acht Jahren immer wieder Überstunden ohne nennenswerte Anerkennung oder Belohnung.

Es ist zu befürchten, dass solche oder ähnliche Fälle von Mitarbeiterkriminalität in nächster Zeit stark steigen werden. Das größte Gefährdungspotenzial für ein Unternehmen liegt in der Illoyalität der eigenen Mitarbeiter. Diebstahl, Geheimnisverrat, Korruption, Veruntreuung und Sabotage sind Symptome dafür. Zum einen führt mangelnde Anerkennung, unangemessener Leistungsdruck und Sorgen um den Arbeitsplatz zu viel Frustration. Zum anderen führt die öffentliche Debatte zum Ankauf der Steuersünder CDs dazu, dass die Hemmschwelle seinem Arbeitgeber Schaden zuzufügen stark sinkt. Mitarbeiter-Loyalität in Deutschland ist in den letzten Jahren stark gefallen. Laut Gallup Institut haben 20 Prozent der Belegschaft in deutschen Unternehmen innerlich schon gekündigt und würden bei einem besseren Angebot das Unternehmen sofort verlassen. Zweidrittel machen „Dienst nach Vorschrift“ und nur ca. 13 % stehen ihrem Arbeitgeber loyal gegenüber. Auswirkungen der Finanzkrise, Berichte über Bereicherungen von Managern und steigende Existenzängste verstärken diesen Trend zusätzlich.

Natürlich können Unternehmen viel Geld in technische Maßnahmen, wie z. B. IT-Sicherheit oder Überwachungsanlagen investieren. Wenn die Bindung zum Unternehmen jedoch fehlt, werden die eigenen Mitarbeiter aber immer das größte Sicherheitsrisiko darstellen.

Große Loyalität im Unternehmen hält – neben den sicherheitsrelevanten Themen – eine ganze Reihe weiterer positiver Aspekte bereit. Leistungswille, Produktivität, Mitarbeiterbindung und Innovationsfähigkeit steigen überproportional in einer Unternehmenskultur, die von Loyalität geprägt ist.

Aber was genau ist Loyalität und wodurch entsteht sie? Anders gefragt: Wie kann man in einer Organisation erkennen, ob die Loyalität stark oder schwach ausgeprägt ist? Auf der abstrakten Ebene könnte man diese Aussage treffen: Wann immer die handelnden Personen negative Gefühle entwickeln und sie nicht durch Kooperation entsprechend verarbeiten, löst das zwangsläufig Handlungen aus, die einerseits die Loyalität verringern und andererseits im wirtschaftlichen Ergebnis die Kosten steigern. Solche negativen Gefühle, die als Folge eines Erlebnisses entstehen, sind beispielsweise Ärger über eine verspätete Zulieferung, Unverständnis für eine Aktion der Nachbarabteilung, Angst vor dem erneuten Auftreten eines kritischen Fehlers oder vor Schuldzuweisungen. Man bezeichnen die loyalitätsverringernden Aktionen als „Ersatzprozesse“. Dies gilt de facto für alle Handlungen, die sich auf Symptome richten und nicht auf die Ursachen.

Psychologisch kann man dieses Phänomen damit erklären, dass Menschen im Umgang mit unangenehmen Situationen grundsätzlich zwei Strategien folgen. Die häufigste Strategie ist, die unangenehme Situation (Fehler, Abweichungen, ungelöste Probleme) so schnell wie möglich zu beseitigen. Damit konzentrieren sich die Beteiligten zwangsläufig auf die auffälligen Symptome und „behandeln“ sie. In den Organisationen nennt man das für gewöhnlich „Fire Fighting“. Wenn dies nicht zum Erfolg führt, greift die zweite Strategie. Die unangenehme Situation wird als „systemimmanent“ definiert und die darauf anzuwendende Reaktion lautet: „eindämmen“. Daraus nähren sich viele (Problem-)Besprechungen, Kontrollsysteme und ein nennenswerter Teil des Berichtswesens im Unternehmen. Für die Mitarbeiter bedeutet dies, sich dauerhaft in einem Milieu bewegen, das ihnen „Energie“ (im Sinne von Selbstwertgefühl) entzieht. Die Personen erleben Anstrengung, in gewissem Maße Ohnmacht, Hilflosigkeit und persönliche Angriffe. Erfolge können nicht wirklich „gefeiert“ werden, da jeder in der Organisation weiß, dass es eigentlich noch viel besser gehen würde.

Im Ergebnis sinkt über die Zeit die Loyalität von Mitarbeitern und Führungskräften gegenüber dem Unternehmen selbst und den darin arbeitenden Kollegen. Wie im privaten Umfeld lässt man sich unter dem Einfluss negativer Gefühle (Unzufriedenheit, Ärger, Ohnmacht) zu Handlungen verleiten, die man sonst für sich ausschließen würde. Genau dadurch steigt das Gefährdungspotenzial für die Organisation. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Umgang mit sensiblen Informationen, mit Sachwerten oder Geld unbewusst oder bewusst zu Schäden für das Unternehmen führt. Das Ergebnis bleibt dasselbe.

Der von Corporate Trust entwickelte „Loyalitäts-Index“ ist ein zuverlässiges Werkzeug, um das Gefährdungspotenzial für eine Organisation systemisch zu ermitteln, die wichtigsten Handlungsfelder zu diagnostizieren und geeignete Interventionen abzuleiten. Er basiert auf einer Online-Mitarbeiterbefragung. Befragt werden, je nach Unternehmensgröße, zwischen 15 und 30 Prozent der Beschäftigten. Detailliert beleuchtet werden 8 Dimensionen die Loyalität beschreiben und aus denen der Loyalitäts-Index errechnet wird. Die Ergebnisse führen zu einer Analyse der Stärken und Schwachstellen, aus der dann geeignete Maßnahmen abgeleitet werden.

Dadurch gelingt es, in einer überschaubaren Zeit das „Autoimmunsystem“ des Unternehmens zu stärken. Aus Verantwortung für die eigene Aufgabe und aus Loyalität zum Unternehmen werden dann kritische Situationen, etwa fahrlässiger Umgang mit sensiblen Informationen oder Sicherheitsanweisungen, auffälliges Verhalten von Kollegen oder Zahlung zweifelhafter Provisionen identifiziert, angesprochen und entschärft. Diese Aufmerksamkeit aus Verantwortung entsteht durch Loyalität mit dem Unternehmen (nicht aus Misstrauen gegen andere Personen) und ist neben allen technischen Werkzeugen, der wichtigste Schutz eines Unternehmens gegen sorglose bis kriminelle Handlungen von Mitarbeitern.

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