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BGH legt Entschädigungsklage von Flugpassagier dem EuGH vor

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss
jetzt über eine Entschädigungsklage eines deutschen Flugpassagiers
wegen einer Umbuchung entscheiden. Dabei geht es um die Frage, ob
eine Fluggesellschaft bei einer Pauschalreise für eine Umbuchung
haftbar gemacht werden kann, die allein durch den Reiseveranstalter
veranlasst wurde. Ein entsprechendes Verfahren zur Auslegung einer
relevanten EU-Verordnung hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe
am Dienstag den Luxemburger Richtern zur Vorabentscheidung vorgelegt.

In dem Fall verlangt die Klägerin, die für sich und ihre Familie
eine Pauschalreise in die Türkei gebucht hatte, vom Charterflieger
«Condor» Ausgleichszahlungen von insgesamt 1600 Euro. Der Rückflug
war für den 15. Juli 2005 von Antalya nach Berlin-Tegel vorgesehen.
Drei Tage vorher erhielt die Familie von der örtlichen Reiseleiterin
die Nachricht, dass der Rückflug vom Reiseveranstalter «aus
organisatorischen Gründen» geändert worden sei. Die Rückreise
erfolgte dann am 15. Juli 2005 mit einem anderen «Condor»-Flug zum
Flughafen Leipzig, von wo die Familie mit einem Bustransfer nach
Berlin gebracht wurde.

Der Anwalt der Klägerin argumentierte vor dem BGH, dass hier
zunächst «Condor» gegenüber der Passagierin und ihrer Familie haften
müsse. Die Airline könne anschließend den Reiseveranstalter in
Regress nehmen (AZ: X ZR 96/06 – Beschluss vom 7. Oktober 2008).

In einem weiteren Urteil entschied der BGH am Dienstag, dass ein
Passagier bei einer nicht rechtzeitigen Beförderung hin zu einer
Pauschalreise nur im Ausnahmefall die Kosten der kompletten Reise vom
Reiseveranstalter zurückfordern könne. Dafür sei maßgeblich, ob die
Reise «erheblich beeinträchtigt» und die Kündigung des Reisevertrages
deshalb gerechtfertigt sei. Dies sei stets «aufgrund einer
Gesamtwürdigung zu beurteilen», denn Pauschalreisen hätten «komplexe
Leistungen» des Reiseveranstalters zum Gegenstand.

Im vorliegenden Fall sei jedenfalls kein Kündigungsgrund gegeben.
Der Kläger hatte von «Studiosus Reisen» die Rückzahlung des
kompletten Preises in Höhe von 4390 Euro für eine 14-tägige
Studienreise nach Island einschließlich des Fluges verlangt. Er war
zunächst von Düsseldorf nach Amsterdam geflogen, wo er umsteigen und
in einer anderen Maschine nach Reykjavik weiterreisen wollte. Als die
Verspätung des Anschlussfluges sechs Stunden andauerte, verlor er den
Mut und flog auf eigene Kosten nach Düsseldorf zurück. Die
Studienreise absolvierte er nicht, weil er glaubte, zu viel Zeit
verloren zu haben.

Der BGH betonte, dass der Kläger wegen des verspäteten
Anschlussfluges lediglich «einen oder maximal zwei Tage» von seiner
gebuchten 14-tägigen Reise verpassen konnte. Dies wertete der 10.
Zivilsenat nicht als «erhebliche» Beeinträchtigung der Reise.
Außerdem habe der Mann bereits eine Preismilderung bekommen. Denn
«Studiosus Reisen» habe ihm bereits 2200 Euro der geforderten 4390
Euro erstattet. Mehr könne er nicht verlangen.

(AZ: X ZR 37/08 – Urteil vom 7. Oktober 2008)

(Quellen: Urteilsverkündung und Pressemitteilungen des BGH)

ddp.djn/dmu/nas – Von Norbert Demuth